Seiten

Samstag, 31. August 2013

Auf der Suche nach der blauen Blume - Wegwarte (Seife Nr. 74)

Bevor ich diesen Sommer nach Upflamör, besser Billafingen, gefahren bin, hatte ich jeden Tag auf dem Weg zur Arbeit meine Freude an den vielen Wegwarten am Straßenrand, ein blauer Augenschmaus für die Berufsverkehrskolonne. Wegwarten mochte ich schon immer gerne und, wie nicht anders zu erwarten, keimte der Gedanke an ein wegwartenblaues Seifchen, ein Gedanke genauso zart wie die Blüten und genauso ausdauernd und zäh wie die Stängel dieser genügsamen Blumen, denen magerster Boden zum Wachsen reicht. Also habe ich mich auf die Suche nach der blauen Blume begeben.


Wegwartenblau,  kondenswasserglänzend

Wegwarten sind alte Arznei- und Zauberpflanzen. Appetit, Verdauungssystem, Leber und Milz sollen sie stimulieren und bei Hautkrankheiten helfen. Ja, und essen kann man sie auch, besonders die kultivierten Varianten wie Chicorée und Radiccio, und vor allem trinken, nämlich als Zichorienkaffee. Und wenn gar nichts mehr hilft, kann man sich mit ihrer Hilfe unsichtbar machen und sonst noch allerlei mit ihr zaubern, falls man zufällig eine Ehefrau bräuchte oder vielleicht Justin Bieber (uärgs) betören wollte.


Auch ein mächtiges Zaubertier
Und gleich noch eines
Am zaubermächtigsten aber ist die Liebe.
Das wusste schon Albus Dumbledore

Diese Wunderpflanze wächst bei uns also einfach so am Straßenrand. Dann müsste es sie doch auch am Rand einiger lauschiger Feldwege geben, denkt man, abgasfrei und damit seifenkompatibel. Weit gefehlt. Die meisten Wegränder sind überdüngt und somit relativ artenarm oder radikal geschoren. Kein Wegwärtlein weit und breit.


Rosen hätte es en masse gegeben 
Ich wüsste sogar, wo ein Gingko steht 
Besonders weiche Eiche

Und dann! Am Dienstag nach Billamör, was muss ich da morgens in meinem Auto feststellen? Die Grünvernichtermafia hat zugeschlagen. Der Straßenrand - wüst und leer. Fast alles, was eine Blüte hatte, egal ob blau oder gelb, abgeschnitten, niedergemäht,  abrasiert, kleingehäckselt, vernichtet und ausgemerzt. Aus die Maus und Augenschmaus! 


Kein Wegwartenschutzengel, nirgends
Auch keiner wie blaue Majolika
Kein Tempelwächter
Auch kein chinesischer

Muss das denn sein, so mitten in der Blüte? Von der blauen Pracht sind nur vereinzelte Blumen geblieben, wo die Fräse eben nicht hinkommen konnte.


Keine Weisheit im Amt.
Das erzeugt immer diesen strengen Blick bei Herrn Schudupfl

Zuguterletzt bin ich doch noch fündig geworden, an einem Waldrand. Hier habe ich Blätter gesammelt, die als Tee bei Hautbeschwerden lindernd wirken. Aber bei mir ist alles in die Laugenflüssigkeit gewandert, für das folgende Rezept:

150g Kokosfett
200g Distelöl (high oleic)
200g Olivenöl
200g Schmalz
Salz für die fast gesättigte Solelauge aus Blättern und Stengeln der Wegwarte
Farbe: Ultramarinblau und ganz wenig Brillantrosa und Violett
Duft: PÖ Heublume und ÄÖ Limette
Überfettung: ca. 5-6%

Der Farbton ist gut gelungen: Reinstes Wegwartenblau.


Frisch aus dem Tiefkühler geschlüpfte Zikade.
Recht alienhaft und gruselig. Dafür schön blau

Und was soll ich sagen? Die zauberhaft blauen Blumen haben nicht aufgegeben. Drei Wochen später war wieder alles voller Blüten.


Wegwarte, tiefergelegt

Sie haben einfach ein paar Etagen weiter unten neu angefangen. Und was lehrt uns das?
Man kann alles Mögliche fahren lassen, aber niemals die Hoffnung. Und man sollte für den Fall der Fälle immer ein paar Stängel Wegwarte zuhause haben.

miscellanea

Sonntag, 25. August 2013

Da Summa ...

Na, wie geht es weiter? Genau: ... is umma." Wie es scheint, ist die größte Kraft des Sommers gebrochen. Am Morgen zieht schon Dunst aus den Auen hoch.



Und meinen neuesten Wuschen-Puschen habe ich deshalb herbstlich warme Beatlesfrisuren geknüpft (Yeah, Yeah).




Noch einmal war ich sommerlich unterwegs, wieder einmal in Franken, wieder einmal mit alten Freunden und wieder in "unserem" idyllischen Ferienhaus mitten in seinem großen Garten.






Diesmal aber leider nur sehr kurz. Nach nur einem Nachmittag und einem Tag musste ich Croquetschläger und Freunde schon wieder verlassen, weil mich berufliche Pflichten zurückriefen. 



Trotzdem war es wunderbar erholsam und sehr schön. Außerdem lag ja zwischen dem halben und dem ganzen Tag noch eine lange Schafkopfnacht am Tisch vor dem Haus mit Kerzenlicht und Mondschein.



Aber mir war so wehmütig zumute, als ich wieder ins Auto steigen musste. Doch habe ich mir auf dem Rückweg die Zeit genommen, eine kurze Stippvisite beim Lehrberger Kappl zu machen. Ich bin schon öfter an diesem Hügel vorbeigefahren und jedes Mal musste ich schmunzeln; denn der Turm auf der Anhöhe sieht von unten aus, als würde er ein gaffendes "Oohh" von sich geben. Mein Besuch bei dem staunenden Turm hat mich aber darüber aufgeklärt, dass hier früher eine Kirche stand, von der nur mehr der Turm übrig geblieben ist. 



Der Mund ist einfach der Chorbogen zum verschwundenen Langschiff des Kirchleins. So steht der Turm seit Jahrhunderten und staunt über den Wandel der Welt.
Ich habe noch ein paar Minuten den Ausblick ins Ansbacher Land und auf Lehrberg genossen und bin dann wieder zu meinem Auto spaziert und nach Hause gefahren.



Ja, ja. Obwohl die Tage noch warm und hell sind, wird es definitiv Herbst. 



Abgeerntete Felder. Schön golden, weil nicht vom Regen ausgewaschen. Man kann schon verstehen, warum die Müllerstochter nicht Schilf oder Heu zu Gold spinnen musste, sondern Stroh.

miscellanea

Freitag, 23. August 2013

Gammelsdorf und die Ritter

Ich weiß ja nicht, wie es euch geht. Aber ich wollte als Kind immer ein Ritter werden, am liebsten ein schwarzer und ein ganz edler sowieso. Das schien mir der passende Beruf für ein so tugendsames Wesen wie mich. Dem Argument, dass ein Määäädchen niemals ein Ritter werden könne, bin ich stets mit einem lässigen Wedeln meiner Hand begegnet, manchmal mit einem kleinen Umweg über das Gesicht des also Feixenden. Leider musste ich irgendwann einsehen, dass die Zeit über meinen Berufswunsch hinweg gegangen und ich schlicht und einfach ein paar Jahrhunderte zu spät dran war. Nix mit Ritter.
Umso mehr Freude hatte ich an den aufkommenden Mittelaltermärkten und Ritterfesten. Schon etwas abgeklärt, erfreute ich mich am bunten Treiben, und dass all die Turniere nur gespielt waren, na ja.
Und nun, an Mariä Himmelfahrt, waren wir in Gammelsdorf, wo der 700. Jahrestag der Schlacht bei selbigem Ort begangen wurde (Ja, ja, in Bayern lässt man die Feste so fallen, wie man sie feiern will. Und zur Not tut es auch eine Schlacht, wenn man einen Grund zum Feiern sucht).
Und ein bisserl geschäftstüchtig ist man auch dort in Gammelsdorf - Schlachtenmerchandising:



Auf diesen Festen findet sich ja immer eine bunte Mischung aus Fantasykrimskrams und Dingen, die es tatsächlich schon im Mittelalter gegeben hat, mal mit mehr und meist mit eher weniger Liebe zum historisch authentischen Detail:




Sogar Seifen gab es auf diesem Markt. Die Alepposeifen durften, besser mussten, in der prallen Sonne schwitzen, tss, tss:



Die Jubiläumsseife zur Schlacht hat ziemlich gut geduftet, was mich ein klitzekleines bisschen verwundert hat; denn den Duft einer Ritterschlacht stelle ich mir als eine brutale Mischung aus Blut- und Schweißgeruch vor, natürlich von Mensch und Pferd, abgerundet durch den Odeur von ranzigem Fett, mit dem die Eisenrüstungen geschmiert waren, brrrr.



Aber, was soll's (Wenn's  schee macht und a Geld bringt). 
Die Stimmung war fröhlich und entspannt. Es gab richtig hübsche Kostüme, pardon, Gewandungen zu bestaunen und sogar grimmig bepelzte Haudegen entpuppten sich im luftigen Bierzelt als freundliche und sehr umgängliche Zeitgenossen mit einem netten Lächeln.



Vor den Verkaufsbuden wurden locker die Jahrhunderte überbrückt. Weihrauch und allerlei duftendes Räucherwerk haben ihre Anziehungskraft über die Zeit hinweg bewahrt.



Und die Ritter waren natürlich auch da. Mit allem Komfort - sieht das Zeltinnere nicht sooo gemütlich aus? Schaffelle auf dem Boden und Felle auf dem Bett. Ich stelle mir das kuschelig vor. Am liebsten hätte ich gefragt, ob ich mal ein kleines Nickerchen auf dem Bett halten darf.



Mit ihrer Kunstfertigkeit haben mich die Damen der Ritter begeistert. Diese filigrane Bändchenweberei besteht aus ganz dünnem Nähgarn. 



Die Reenactment-Gruppen im Lager haben auch großzügig ihr Equipment gezeigt, alles Dinge, deren ein Ritter bedarf und die sicher auch heute nicht ganz preiswert zu haben sind: Helme, Kettenhemden, Schilde, Schwerter, Gambesons ...





Und Zelte gab's, ein wahres Heerlager davon ...








... das vom Mittelalter bis an die Neuzeit im Hintergrund reichte.


Zum Schluss fand noch ein Turnier statt, und zwar ein echtes, ein Vorentscheid, ausgerichtet vom internationalen Tjostverband. Ja, so etwas gibt es wieder. Das heisst nichts anderes, als dass nach Jahrhunderten wieder Ritter - zwar diesselben Showritter wie vorher, aber das sind ja wohl auch die einzigen, die schon trainiert haben - in einem ritterlichen Wettkampf gegeneinander antreten. Martial Arts pur.
Die Stechbahn war sehr kurz und ganz unspektakulär aus Schwartenbrettern gezimmert, aber dafür wurde das Stechen von einem höfisch eleganten Turniermarschall geleitet. Da kann sich jeder FIFA-Schiedsrichter verstecken.



Und auch die Ritter konnten sich sehen lassen, obwohl der vordere doch eher ein Armer Ritter war, da er sich für sein Pferd nicht einmal eine Schabracke leisten konnte (vielleicht war die auch einfach noch im Wäschetrockner).



Die Ritter kamen aus verschiedenen Ländern, und egal ob Mittelalter oder Neuzeit - wie immer war der Italiener besonders schick.



Die Lanzen hatten Sollbruchstellen. Aber ich habe mich belehren lassen. Es gibt auch solche mit einer Krone, einer Dreikantspitze. Da wird besonders gut erkennbar, ob und wo ein Treffer gelandet wurde. Aber vielleicht will ich das dann doch nicht so genau wissen.




Sie freuen sich ganz offensichtlich, dass sie noch unversehrt im Sattel sitzen. Kein Wunder, die Stecherei sieht wohl nicht nur gefährlich aus.


Auch der Arme Ritter wirkt erleichtert.


Gewonnen hat den Tjost zum Schluss der Italiener. Ciao bello.


Das ist doch mal eine andere Augenweide als der olle Bungabunga-Cavalliere.



Mich hat das Spectaculum ein bisschen nachdenklich zurück gelassen. Für die frühen Ritter war ich zu spät dran, für die neuen Ritter war ich zu früh. Und vielleicht ist das auch gut so; denn die Lanzen sind zwar nicht so spitz wie Stricknadeln, aber sicher erheblich schwerer.



Dabei wäre ich so ein guter und edler Ritter geworden. Ich hätte die Lieder der hohen und niederen Minne gesungen (wohl vor allem letztere), hätte Witwen und Waisen beschützt und allerlei Prinzen vor bösen Drachen errettet.


Und niemals wäre ich besoffen auf mein Pferd gestiegen oder bei Rot über die Ampel getrabt. Aber man kann im Leben nicht alles haben, und was hätte ich denn, bitteschön, mit all den geretteten Prinzen anfangen sollen?

miscellanea

Related Posts Plugin for WordPress, Blogger...