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Samstag, 4. Juni 2016

Norne Nr. 4

Ich weiß nicht, was mit mir los ist. Andere Leute holen sich einen Schnupfen, liegen ein paar Tage flach und erholen sich wieder. Ich hole mir eine Handarbeit, brenne monatelang im Fieber und erhole mich von keiner jemals so richtig.
Jetzt hat wieder eine so richtig fiese Handarbeit heimlich und hinterrücks zugeschlagen - das Spinnen. Zugegeben, ich hätte etwas merken müssen. Die Keime, vulgo Spindeln, lagen ja schon jahrelang mal in dieser, mal in jener Ecke meiner JuS-Höhle auf der Lauer. Ich habe sie auch hin und wieder zur Hand genommen, aus einer Wollflocke ein Fädchen draufgezwirbelt, ein paar mehr oder minder schwangere Regenwürmer gerollt; doch nie, wirklich niemals, hat sich etwas Ernstes getan.

Thekla, die Meisterspinnerin, wollte schon an mir
verzweifeln

Aber Anfang Mai ist mir ein schon recht filziger Bausch alter Filzwolle in die Hände gefallen, den ich von einer verstorbenen Klöppelfreundin geerbt habe. Mit dem wollte ich etwas Besonderes machen.

Bissel sehr filzig, aber bunt

Und wie es so geht, habe ich herumprobiert, mir überlegt, was ich damit anstellen könnte, und mir die sehr instruktiven Videos von Chantimanou angesehen, wieder einmal. Und plötzlich hat es gefunkt. Wie im Märchen: Schnurr, schnurr, schnurr - Dreimal gezogen. Und schon war die Spule voll. Und nicht nur einmal.

Fast nur schlankes Gewürm

Meeeeterlang!

Gut, das mit dem "Schnurr" war Rumpelstilzchen am Spinnrad und ich hatte nur eine Spindel. Trotzdem konnte ich gar nicht mehr aufhören mit Spinnen. Ich meine, ich spinne ja schon ganz ordentlich, ohne Spindel, aber jetzt erst noch mit Handwerksgerät. Jedenfalls war plötzlich das ganze Vlies in Faden verwandelt und verzwirnt, wenn auch leider nicht in einen goldenen.

Verzwirnt ...

... und zum Strang gewickelt. Nur das Braun habe ich
weggelassen.

Dann kamen die Entzugserscheinungen. Wolle, ich brauchte Wolle. Habe ich mich also aufgemacht und in den Tiefen meines Handarbeitsmaterialienbergwerks geschürft. Und bin fündig geworden: Vlies vom Coburger Fuchsschaf, das sicher schon ungefähr fünf bis sieben Jahre in einer meiner Schatztruhen auf Weiterverwendung gewartet hat. 

Nix mehr mit schwanger ...

... aber schon gar nix!

Das lässt sich gleich viel leichter verspinnen als die relativ kurzfaserige Filzwolle, schöne dünne Fäden, ohne abzureißen. Nun ja, zugegeben: Ich finde sie schön. Eine geübtere Spinnerin könnte sicher viele Fehler an meinen Fäden entdecken. Und es ist ja auch erst mein zweites Garn.
Aber vielleicht werde ich mich jetzt doch bewerben, als Norne. Die drei Damen von der Lebensquelle können nach mehr als 2000 Jahren verwirrter germanischer Schicksalsfäden sicher eine kleine Unterstützung brauchen. Und wo ich doch jetzt sooo lange Fäden spinnen kann, werden die von mir Betreuten sicher mindestens 150 werden. Das sind doch zur Abwechslung mal gute Aussichten, oder?

miscellanea

1 Kommentar:

  1. Also falls Du Dich als Norne zur Wahl stellen willst ... meine Stimme hast Du. Wann besorgst Du Dir jetzt ein Spinnrad? Schön, dass Du wieder da bist.
    Ganz liebe Grüße

    AntwortenLöschen

Ich freue mich über euere Kommentare. Danke, dass ihr euch die Zeit dafür nehmt :-)))

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