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Freitag, 24. August 2012

Unterm Birnbaum ...

... habe ich am letzten Wochenende gelegen, aber nicht in der Mark Brandenburg, sondern im Frankenwald. Dort habe ich mich mit alten Freunden ein paar Tage lang getroffen in einem hübschen Ferienhaus in einem zauberhaften Obstgarten zum Ratschen und Croquetspielen und natürlich zum Schafkopfen. Der Sommer, dem ich schon glaubte nachwinken zu müssen, ist nochmals zurückgekehrt und mit Sonne, Hitze und wüstenwarmem Wind zu wahrhaft olympischer Form aufgelaufen.



Dieser Obstgarten ist ganz sicher ein versprengtes Stück vom Garten Eden. Eine solche Fülle von Äpfeln, Birnen, Zwetschgen, Beeren, Quitten und Mirabellen - eigentlich Kriecherl - habe ich seit Jahren nicht mehr gesehen. 










Nach den Croquetpartien bin ich im Garten herumgewandert, habe von den Zwetschgen gefuttert (aber keine Eselsohren und keine  lange Nase bekommen -  ach so, das waren ja Feigen) und habe im trockenen, duftenden Gras im Schatten des Mostbirnbaums gelegen, gelesen und ein bisschen geschlafen (eher wenig gelesen und dafür ein bisschen mehr geschlafen). 






An den Garten grenzt ein Wildgehege, in dem Damwild weidet.



Es wurde lecker gekocht, wir haben gemeinsam im Freien gesessen und gegessen, neben dem Kirschbaum, der im Gegensatz zu uns unter der Hitze gelitten hat. Ihm und seinen Gefährten wünsche ich einige schöne und ausgiebige, nächtliche Regenfälle. Unsere Nächte dort waren so warm und sternenklar, dass wir bis in die frühen Morgenstunden draußen reden und Karten spielen konnten. Und bevor wir ins Bett gingen, haben wir von der Wiese aus noch die Milchstraße bewundert und - schon im Halbschlaf - noch immer Sternschnuppen gezählt. Es war, als wäre ich in die endlosen Sommer meiner Kindheit zurückgekehrt. Aber man ist erwachsen und weiß, dass schöne Tage auch zu Ende gehen. Mir ist dazu - eigentlich jahreszeitlich noch gar nicht passend - immer Rilkes Gedicht "Herbsttag" in den Sinn gekommen: "Herr: Es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß. Leg Deinen Schatten auf die Sonnenuhren und auf den Fluren lass die Winde los. Befiehl den letzten Früchten reif zu sein, gib ihnen noch zwei südlichere Tage ...". Nun gut, vielleicht hat mir aber auch nur die schwellende Überfülle an Früchten die Sinne verwirrt.
Jedenfalls war es wieder wunderschön, selbst wenn mein Croquetschläger die Kugel meist nicht dorthin getrieben hat, wohin ich wollte, und auch die Tore immer aus dem Weg hüpften, wenn sie meine Kugel kommen sahen. Aber bis nächstes Jahr werde ich heimlich üben und dann ...



Am letzten Tag sind wir noch im Fränkischen Freilandmuseum Bad Windsheim eingefallen - erst sehe ich lauter heilige Berge, jetzt Freilandmuseen noch und nöcher -  bei herrlichstem Wetter. Ich war schon mehrmals in diesem Museumsdorf, und mit jedem Mal gefällt es mir besser. 



Ein Teil des Geländes wird mit historischen Methoden bewirtschaftet, es gibt Kühe, Ziegen, Pferde und Schweine auf dem Museumsbauernhof, Federvieh und Schafe auch andernorts auf dem Gelände.






Was ein richtiger Mistkratzer sein will, macht sich auch mal die reinrassigen Krallen und den Schnabel schmutzig (wenn's dafür fette Würmer gibt). Dem stolzen Gehabe tut das keinen Abbruch.



Die ganze Anlage ist unglaublich malerisch, mit stillen und einsamen Winkeln ...



... stattlichen Häusern und weniger stattlichen ...









... heimeligen Stuben und Gärten, die eine trügerische Sehnsucht nach einer nie dagewesenen guten alten Zeit wecken.





Es gibt überall nette und interessante Details zu entdecken, wie diesen Schaukelschwan ...


... oder diese Tischdecke, deren Stickerei so akribisch eine Klöppelspitze nachahmt, dass man einen Klöppelbrief danach stechen könnte:



Und in der Schule waren wir auch, wo die Kinder ganz praxisbezogen auf das ländliche Leben vorbereitet wurden. Eine Einmaleinstafel und ein Sonntagsschulzeugnis:




"Geistesgaben: Viele" und "Fleiß: Sehr groß" steht da (es kann sich also nicht um dein Zeugnis handeln, so viel ist klar)
Und so sieht eine Kuh unter dem Schw*nz aus, ein doch recht ungeniertes Modell, aber S*xualkunde war tabu. Verstehe einer das!



Ein aufschlussreicher Schulbesuch war das. Umfassend landwirtschaftlich weitergebildet und nachhaltig überzeugt, dass auch die moderne Zeit einiges zu bieten hat, haben wir den Rundgang mit einer Brotzeit im Museumswirtshaus zu Ende gehen lassen.
Am Abend sind Wolken aufgekommen, und es zogen Gewitter auf. Die ungetrübten Tage hatten auch wettertechnisch ein Ende. Aber wir haben schon wieder reserviert, nächstes Jahr in unserem Zaubergarten.
Hoffentlich finden wir ihn wieder. Nicht, dass er sich wie weiland Avalon in den Nebeln verbirgt und verliert.

miscellanea

4 Kommentare:

  1. Das war bestimmt ein unvergessliches Wochenende.

    LG
    Renate

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  2. Ja sag mal, jetzt warst Du schon wieder ganz in meiner Nähe und bist nicht auf ein Käffchen vorbeigekommen?! Ich nehm' das jetzt schon langsam ein bisschen persönlich ...
    Wunderschöne Bilder - war bestimmt ein tolles WE.
    Ganz liebe Grüße

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    1. Ich habe aber ehrlich nirgends einen Friesen mit einem Fan auf dem Rücken herumhüpfen sehen. Dort gab es nur Damwild und Fledermäuse.

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  3. Ein Garten der ganz nach dem Geschmack von Hern von Ribbeck gewesen wäre. Sehr schöne Bilder und ich beneide dich hiermit ganz offiziell für die schönen Tage. Ich bin bestimmt nicht prüde, aber echt, das letzte Foto ist schon sehr... *kopschüttel* Liebe Grüße, Anke

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Ich freue mich über euere Kommentare. Danke, dass ihr euch die Zeit dafür nehmt :-)))

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