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Montag, 11. Juli 2016

Das Handarbeitsgen

Wie jedes Elternpaar mal mit mehr, mal mit weniger Freude bestätigen kann, ist die Vererbung nicht nur äußerer Merkmale ein Glücksspiel. Gene können nämlich ziemlich fies sein. Sie überspringen eine Generation oder auch mehrere und tauchen dann - plopp - völlig unvermutet bei einem deiner unschuldigen Ableger auf. So geschehen mit dem in unserer Familie herumgeisternden Handarbeitsgen, endgültig ausgemerzt geglaubt und in heutigen Zeiten vollkommen überholt, da rein auf Vergnügen ausgerichtet und nicht auf Wirtschaftlichkeit. Nichte und Tante - das wäre meinereiner - sind mit demselben genetischen Makel behaftet. Und so haben wir uns, um dem Werkeldrang etwas Erleichterung zu verschaffen, ein paar Tage Auszeit gegönnt, d.h. wir haben von morgens bis abends gestanzt, geprägt, geklebt, Papier geschöpft, Seife gesiedet und Papierschalen geleimt. Das war schon letzten August, aber da bei dieser Mammutsession auch zwei Seifen entstanden sind, habe ich eine archäologische Grabung in meinem Fotoarchiv veranstaltet, und nun guckst Du hier:

Papierschale aus selbst geschöpftem Konfettipapier ...

... und Holzleim, mehr nicht.

Das Papier für die Schale besteht aus Computerausdrucken - weiß - und orangefarbenen Kartonresten, sowie alten Kantinenzetteln. Für die Konfetti habe ich unsere Locher im Büro ausgeleert und eine ausgewogene Mischung von bunten und weißen Schnipseln in den Papierleim gemischt. Die Schüssel wohnt jetzt bei meiner Nichte.
Was ist das nur mit Mädchen und der Farbe Rosa? Auch meine Nichte ist von dem Virus befallen. Und so musste auch für ihre erste Seife - meine Nr. 96 - dieser Farbton angemischt werden. Den Seifengöttern sei Dank, fiel das Ergebnis nicht gar zu quietschig aus. Folgendes haben wir am 19. August letzten Jahres verseift: 580g Distelöl (ölsäurereich), 20g weißes Bienenwachs, 200g gutes Babassuöl von Martin, 200g Kokosfett, Seide für die Lauge, Farbe Rosa von VvW und ein ordentlicher Schuss des immer verlässlichen Herbs Ex. Das Ergebnis ist recht hübsch geworden.
 
Rosa Vielerlei - Alle Formen mussten probiert werden

Glänzende Mieze, schlafend

Propere Mieze in Latzhosen


Weil wir gerade so schön dabei waren, haben wir gleich am nächsten Tag noch einmal geseifelt. Diesmal musste ich tiefer in den Farbtopf greifen, damit es ein bisschen peppiger wird. Und auch der Duft war knalliger: Jasmin. Ganz offensichtlich ein Lieblingsduft meiner Nichte. Zusammengerührt wurden 106g Kokosfett, 100g Distelöl (ölsäurereich), 100g Sheabutter, 200g Martin-Babassu, 87g Erdnussöl, 301g Mandelöl und 101g Rizinusöl. Dazu ein bisschen Salz für die Lauge. Herausgekommen ist "Jasmin", die Nichtenseife Nr. 2 oder meine Nr. 97. Wie auch immer man zählen möchte, sie sieht auf jeden Fall gut aus, trotz des kräftigen Rosapinkfarbtons und des etwas überwältigenden Dufts.


Zur Abwechslung mal, hm, etwas Rosafarbenes?

Dabei wäre es mit der Bastelfreizeit fast nichts geworden. Wir hatten nämlich den maroden Teil des Zugangsbalkons zu unserer Wohnung reparieren lassen, und dabei hat der Schreiner festgestellt, dass der Rest auch baufällig war. Einmal zu viel hüpfen oder einmal eine zweite Portion Schweinebraten und - plumps. 
 
Das war noch nicht einmal die
schlimmste Stelle!

Wir hatten das schon befürchtet, so üerntwie, hatten aber gehofft, es noch ein paar Wochen hinauszögern zu können. Aber nein. Diese dringende Reparatur musste in der Besuchswoche erledigt werden. Und dabei hatten wir noch Glück, dass wir nicht mit der Leiter in die Wohnung klettern mussten.
 
Seit letztem August ist das
Lärchenholz natürlich ergraut
 
Aber jetzt ist alles schick und ordentlich und mit Bohlen aus haltbarem Lärchenholz versehen. Hier stürzt in den nächsten zehn Jahren nichts mehr ab. Mindestens. Wobei dieses Haus immer für die eine oder andere Überraschung gut ist. Manchmal habe ich das Gefühl, als hörte ich unser freundliches Büdchen nachdenken, welches Wehweh es uns als nächstes präsentieren könnte. Hoffentlich denkt es noch lange nur nach; denn Mitte August gibt es wieder einen Nichten-Tante-Bastelwahnsinn. Und ich möchte nicht, dass sich das Kind vom Hubschrauber aus abseilen muss!
 
miscellanea

5 Kommentare:

  1. So jetzt hast Du das bereits genetisch benachteiligte Kind auch noch ganz und gar versaut - schäm Dich! Tolle Sachen habt ihr zusammen gemacht und die Förmchenseifen in zartrosa sind wunderschön - ich greife meist zu tief in den Farbtopf. Bei unserer nächsten Generation scheinen sowohl das handwerkliche als auch kreative Gen komplett verkümmert zu sein denn er hat das, was man zwei linke Hände nennt - zumindest bis jetzt. Was soll ich jetzt sagen? Leider oder Gott sei Dank ...Ich denk drüber nach. Ganz liebe Grüße

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  2. Ohja, Du hast ne Menge Handarbeitsgene, sehr breit gefächert :-)
    Beneidenswert! Und endlich wieder Seife ! Rosa ist gut getroffen,bei mir ist meist zuuuuu viel drin,schöne Zeit
    Sibylle

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  3. Wahnsinn, was Du so alles machst, das finde ich jedes Mal wieder so richtig toll :-)

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  4. Schön, dass du wieder schreibst. Ich lese so gerne bei dir. Und tolle Arbeiten, so ein Handarbeitsgen ist schon ganz nützlich, oder?
    lg yogablümchen

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  5. Tolle Sachen habt ihr gewerkelt. Die Konfettipapierschalen sind ja toll. Und mit dem Seifenvirus hast du das Kind aus infiziert!
    Der Balkon sieht sehr chic aus.
    LG
    Marianne

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Ich freue mich über euere Kommentare. Danke, dass ihr euch die Zeit dafür nehmt :-)))

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