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Mittwoch, 29. Juni 2011

Kringelringel (Seife Nr. 7)

Am Montag abend habe ich noch ein Feierabendseifchen gebaut, eigentlich einen Probepinguin:


470g Mandelöl
30g Sheabutter
500g Kokosfett
Geplante ÜF: 7%
Gesamtfettmenge: 1000g
Gefärbt mit: Indigo, Violett dunkel
Beduftet mit ÄÖ: Lavandin, Lavendel, Amyris, Bergamotte-Minze
Wasser: 335g
Goldglitter


(Was Beduftung und Farbschema betrifft, kann der Probandin eine gewisse Beharrlichkeit attestiert werden. Setzen!)
Erstens wollte ich dieses Rezept von Claudia schon lange ausprobieren, aber ohne die Seidenfasern. Und dann wollte ich einmal versuchen, leicht verwirbelte Schichten zu gießen. Ich wollte wissen, wie das ohne Marmorierung aussieht. Eigentlich sollte dabei zuerst eine wellige weiße Schicht, dann leicht ineinandergestrudelte (Apfelstrudel?) violette und blaue Schichten und abschließend wieder eine wellige weiße Schicht (mit Sahne??) entstehen. Aber „gießtechnisch versagt“ (= Setzen! Sechs!), würde ich sagen. Einige der Seifen sehen aus als hätten sie violett gemusterte Bikinihöschen an. (Nicht nur Höschen, machst Du mal Stielaugen auf die linke Seife!)




Auch die Hälfte des Seifenblocks, die ich quer aufgeschnitten habe, glänzt nicht gerade durch außergewöhnliche Schönheit:




Am hübschesten sind noch die Seifenscheiben von der Oberfläche geworden. Da konnte ich dem Marmoriervirus wieder mal nicht widerstehen



Aber für den eigentlichen Zweck waren die Bikinihöschenseifen bestens geeignet. Sie sind nämlich gestern abend – schwuppdiwupp – zu Einlegern mutiert.
Ich habe die Seifenstücke zuerst in gaaanz dünne Scheiben geschnitten (na ja, immerhin freihand mit dem "Psycho"-Messer) ...



... auf eine Frischhaltefolie etwas Goldpuder gestreut, eine Seifenscheibe daraufgelegt und die Folie darübergeklappt ...



... dann trat das Nudelholz in Aktion, damit die Scheibchen noch dünner wurden und sich schon etwas einrollten und der Glitter richtig festgepresst wurde ...



Manchmal kam erst durch das Ausrollen eine schöne Marmorierung zum Vorschein




Trotzdem wurden auch diese Scheibchen gnadenlos als Einleger verbraten. Ich habe mir überlegt, die Ränder ganz fein auszurollen und vielleicht in kleine Extraschnecken zu drehen, aber das versuche ich beim nächsten Mal. Man könnte auch die durch das Ausrollen zum Halbkreis gebogenen Scheiben schon als Einleger verwenden. Auch eine Idee für ein nächstes Mal. 
Dann eine Runde Wickeln, immer um den Stiel des Kochlöffels herum ...



... und fertig sind die Einlegerröllchen!




Nächster Schritt: Ein hellblauer Seifenleim wird angerührt, mit extra viel Wasser:


250g Kakaobutter
250g Kokosfett
200g Mandelöl
50g Rizinusöl
Gesamtfettmenge: 750g
Geplante ÜF: 7%
Gefärbt mit: Indigo
Beduftet mit ÄÖ: Litsea
Wasser: 300g

Die Tütchen einzugießen, hat mich dann aber an den Rand eines Tobsuchtsanfalls gebracht. Etwas von dem neuen Seifenleim in die Form, die Tütchen hineingestellt und mit der Spritze ...
Ja, die Spritze: Seit Jahren fällt mir mit schöner Regelmäßigkeit beim Öffnen einer bestimmten Schublade jedes Mal eine große Einwegsspritze in die Hände. Egal, ganz egal, was ich suche, ob Schmierzettel, Bastband, Klebestreifen – immer drängt sich diese Spritze nach vorne. Und dieses Mal? Schmierzettel, Bastband, Klebestreifen und – keine Spritze! Nicht mehr auffindbar! Deshalb musste ich den Seifenleim spritzenlos in die Röllchen manschen. Dann die Seifenform kurz aufschlagen, muss ja sein, damit der Leim sich setzt. Bumms, die Tütchen fielen um wie die Zinnsoldaten!  (Meine Liebe, Tütchen r--- man und stellt sie nicht auf) Und meine Laune kippte ebenso schnell. Also grummelnd alle wieder aufgerichtet (fluchend wie ein Fuhrkutscher wäre wesentlich treffender als Ausdruck, hm, ... wie vier bis fünf sehr angesäuerte Fuhrkutscher), Restleim eingegossen – und die frs+-Dinger fangen an zu schwimmen! Schließlich hatte ich sie alle wieder einigermaßen in Reih und Glied stehen und, wie gewollt, in ausreichend nicht-gewollt aussehender Anordnung in die Form sortiert; und dann endlich konnte die Seife im Ofen schlafen gelegt werden. Ach, wer kann ihnen noch böse sein, wenn sie so brav schlafen!



Heute morgen, große Spannung! (Bei wem?) Und hier (Tusch!!) meine Seife. Ist sie nicht schön geworden? (Gääähn, sieht aus wie Graptolithenschiefer, nur bunt). Nur ein Name, der ist mir noch nicht eingefallen, hm.







Nun, ja. Ich musste mich jedenfalls heute bücken, um in den Zug zu steigen, wirklich wahr.

miscellanea

Montag, 27. Juni 2011

Herumgestreunt - Ein verbummeltes Wochenende

Am Samstag waren wir auf dem Tollwood. Wir dachten, das Wetter ist so lala. Da sind wohl nicht so viele Leute unterwegs wie sonst, aber ...
Das ist ein Teil der Leute, die genauso gedacht haben wie wir (Für alle Donaldianer: Schieb, drück, quetsch):




Und was gab es zu sehen? Nun, eigentlich nichts, was nicht so oder so ähnlich schon letztes Jahr oder die Jahre davor im Programm war. Das heißt nicht, dass es keine schönen Sachen gab, aber etwas wirklich Originelles war so auf Anhieb nicht zu finden. Ich muss aber zugeben, dass ich das Sommer-Tollwood immer etwas labyrinthisch finde. Es könnte gut sein, dass ich die Mega-Neuheit, das absolut-Besondere-das-man-gesehen-haben-muss schlicht übersehen habe (Ja, ja, eine Orientierung wie die berühmte Stubenfliege: Bssss patsch Fensterscheibe, bssss patsch Fensterscheibe, ah ja, hier ist der Fensterspalt, bssss ab durch die Mitte). Jedenfalls gab es in den Lücken zwischen den Fressbuden (lecker lecker, noch leckerer) aus aller Herren Länder auch einige Info- und Verkaufsstände.
An diesem Stand mit Olivenholz-Utensilien haben wir einen schön gemaserten Rührlöffel gekauft - von denen ganz links oben im Bild; so einen wollte ich schon lange. An dem Stand hätte ich noch mehr finden können:




Im marokkanischen Zelt wäre ich beinahe einem akuten Anfall von Kaufrausch zum Opfer gefallen. Ich liebe diese schöne bunte Keramik (im Fachjargon: Morbus Schüssleritis), aber ich bin hart geblieben; letztlich habe ich nur ein Fläschchen kosmetisches Arganöl gekauft.




Aber allein durch dieses bunte, laute Zelt zu drängeln, ist schon schön, die Düfte, die Musik. Hier ist noch am ehesten das spezielle Tollwood-Gefühl zu spüren.


Draußen vor dem Zelt konnte man diesen genialen Solarofen mit Tajine bewundern - moderne Technologie und alte Kochtradition. Ich hatte schon von diesen Öfen gehört, gesehen hatte ich noch keinen.


Und dann gab es natürlich auch noch eine Menge netten Schnicknacks, wie diese Taschen in Hausform aus Madagaskar ...


... oder diese riesigen Schoten. Bei den Tierchen ganz rechts unten handelt es sich übrigens um Spardosen aus Kokosnüssen:




Man hätte auch bunte Blechtiere erstehen können, aber brauche ich wirklich noch einen frustrierten Bartputzer? (Empörung bei unserer Katze: Ich bin nicht frustriert, ich bin distinguiert!)




Ganesha mit seiner Ratte schien jedenfalls die Ruhe selbst. Den ganzen Trubel, den ganzen Krimskrams hat er in aller Gelassenheit gesegnet (auch die gefühlten zwei Kilo Nag Champa-Räucherstäbchen - unseren traditionellen Tollwood-Einkauf) und sich dann wichtigeren Gedanken hingegeben (verdammter Nieselregen, ich hätte die Stelle in Thailand annehmen sollen!): 





Auf dem Rückweg zum Auto war ich stark in Versuchung eines dieser Gefährte zu besteigen ...



... aber wir sind lieber zu Fuss gegangen. Und den Bus, den wollten wir wirklich nicht nehmen, nein so fusslahm, dass wir in diese Richtung gemusst hätten, waren wir dann doch noch nicht:





Als hätte das Samstagabendgelatsche nicht schon für das ganze Wochenende gereicht, haben wir uns am Sonntag in den Trubel des Regensburger Bürgerfestes geworfen (Die erstaunlichste Stadt des Universums! ... absolut ... ähm natürlich naaach Rom und Lutetia, aber nur ganz, ganz knapp).
Wie man sieht, waren wir auch hier die einzigen Besucher:




Ganz zu Anfang haben wir uns gleich in der Historischen Wurstkuchl gestärkt. (Vegetarier überspringen die nächsten beiden Sätze bitte!) Das musste sein. So ein Paar Bratwürstchen mit Händlmaiersenf und Schwarzerkipferln - einfach gut. Und beim Anstehen kann man das malerische Ambiente gleich mitgenießen (und die Freude, nicht in diesem Dampf arbeiten zu müssen!)




Ich gestehe, ich liebe diese Geschlechtertürme (Huch???)! Die mochte ich schon als Kind.






Und diese engen Gassen, manchmal finster ... 




... immer aber grandios:




Es gab auch kein Gedränge (Noin, noin, das gübts hür nücht). Auf dem Regensburger Bürgerfest heißt das "belebt". Das Bruckmandl hat auch gar keinen nicht gesehen (kein Wunder, der Knabe schaut seit Jahrhunderten immer nur Richtung Domtürme):




Auf dem Haidplatz hatte ich Zeit die Inschrift an der Fassade des Goldenen Kreuzes zu fotografieren (Wer "hatte Zeit"? Wir haben im Stau gestanden, wie auf der A9). Ist die wundersame Entstehung von Don Juan d'Austria hier nicht putzelig umschrieben?




Schließlich sind wir am Grieser Spitz gelandet, von wo aus man auch an den Großkampftagen des Bürgerfestes ungestört der Donau beim Weiterfließen zusehen kann. Eine Wiese hinter dir (mit - meist leise - knutschenden Pärchen), die Donau vor dir (manchmal mit davonziehenden Kähnen). Da bekommt man Fernweh. Gute Fahrt!




Wir haben dann aber doch nicht angeheuert (Ich sage nur: Zimmermannskajüte! Ahhhh!), sondern sind umgekehrt und haben uns noch die alten Häuschen in Stadtamhof angesehen:





Auf der Rückfahrt hätte jeder gerne den anderen ans Steuer gelassen, aber mich hat's getroffen.
Es war jedenfalls ein schönes Wochenende - Und ich werde jetzt noch ein Feierabendseifchen rühren. Davon aber übermorgen mehr.

miscellanea

Donnerstag, 23. Juni 2011

Zwischenseife (Seife Nr. 5)

Bevor wir nach England entschwunden sind, ist noch Seife Nr. 5 entstanden, eine Bienenwachs-Olivenölseife, unbeduftet und ungefärbt, nach dem Rezept "Kastilischer Traum", das ich auf dem Blog von Ideen-Kiste gefunden habe. Diese Seife durfte aber noch faulenzen, bis wir aus dem Urlaub wieder da waren, weil ich das letzte Mal etwas Schwierigkeiten hatte, die Seife aus der Form zu lösen. Aber gleich am Sonntag morgen nach unserer Rückkehr habe ich ausgeformt. Das ging ganz leicht. Die Mieze und die Steinzeitmamsellen hüpften mir regelrecht entgegen. Wahrscheinlich haben sie sich die ersten drei Tage in der Form festgekrallt (Wenn uns hier jemand rausholen will - Wir weichen nicht!!), und als dann niemand sie ausformen wollte, wurden sie neugierig (Sollen wir hier vielleicht versauern?), haben aus der Form gelugt und sich dann resigniert wieder hineingelegt (Ja der schönste Protest ist sinnlos, wenn der Adressat ihn nicht zur Kenntnis nimmt, hehe). Ich habe jedenfalls die Formen nur umgedreht und klack - Die Seifen lagen vor mir.  
Die Fotos sind etwas hell geworden. Die Seifen glänzen und haben einen schönen, hellen Vanillepuddington. Und sie duften sogar ganz leicht nach Wachs.
Eine schlafende Katze ist entstanden (Kommentar: Die schaut aber grimmig). Die Form gibt erstaunlich große Seifenstücke. Als ich sie mir bestellt habe, hatte ich kleinere Stücke vor Augen, aber die Größe gefällt mir gut und auch der Ausdruck des Katzengesichts, gar nicht grimmig (Hmpf).



Dann mussten natürlich wieder "Venüsse" her. Diese hier sind so richtig appetitlich, rund und glänzend geworden, Prachtweibsen eben.


Und ich habe noch eine, sozusagen selbstgemachte, Form ausprobiert (Kommentar: Ein Sarg!! Du hast Dir eine Sargform bestellt???). Das ist selbstverständlich (Auch wenn es eventuell zugegebenermaßen ein klitzekleines bisschen daran erinnern könnte) kein Sarg, sondern der Boden einer Listerine-Flasche (megagrummel). Ich finde die Form gar nicht einmal schlecht. Ich werde sie sicher nochmals benutzen.



Und sollte meine schöne Seife nichts werden (siehe diesen Post), dann werde ich sie zerschnippeln und zu Parkettseife verarbeiten. Aber bis dahin ist es noch Zeit. Jetzt darf sie erst einmal ein halbes Jahr oder länger ruhen. Und ich tue das jetzt auch, zwar kein halbes Jahr lang, aber ein halbes Stündchen. Ich bin nämlich heute faul, faul, faul.


miscellanea

Montag, 20. Juni 2011

Ein Teddy namens Teddy

Mit meiner ältesten Nichte habe ich einen Teddy genäht, d.h. genäht und ihn mit Holzwolle gestopft habe ich, den Schnitt aufgezeichnet und die Teile ausgeschnitten haben wir gemeinsam. 
Es handelt sich um einen Mr. Teddy von Glorex, eine Bastelpackung, die schon viel zu lange in meinen Beständen herumgelungert hat. Der Teddyschnitt hat mir von Anfang an gut gefallen, auch der etwas filzige Mohairstoff. Was mich immer gestört hat, war die Stickerei auf dem Fußsohlensamt. Die Gesamtmenge an Stoff für Vorder- und Hinterpfoten war so bemessen, dass man den bestickten Stoff benutzen musste, wollte man den Originalstoff verwenden. Diese Pfoten- und Sohlengarnitur wollte ich immer durch einen anderen Stoff ersetzen und den Teddy dann nähen. Ich habe es aber dann doch nie getan.
Meine Nichte stört die Stickerei nicht, also haben wir uns gemeinsam ans Werk gemacht. Und das Ergebnis kann sich sehen lassen.
Aber der Teddy hat nicht nur ein putziges Äußeres, er hat auch ein reich ausgestattetes dreifaches Herz, eines hat meine Nichte, eines mein kleiner Neffe und eines meine Schwägerin beigesteuert:




Diese drei Herzen haben wir in eine Folie gepackt und in die Brust des Teddybären gelegt. Wenn das nicht ein guter, treuer Freund wird.
Er sieht auch ganz herzig aus, und heißen wird er - wie die meisten Teddys - einfach "Teddy". Aufgrund der kreativen Zuschneidetechnik meiner Nichte ist Teddy zwar etwas mager geraten, aber das steht ihm gut.
Hier sitzt er in all seiner Pracht:




Sein Gesicht ist ein bißchen schief, das gibt ihm etwas Verschmitztes:




Stehen kann er natürlich auch, schlank, wie er ist:




Alles in allem: Ein dürrer, schiefer, aber wie ich finde, sehr netter Teddy mit einem großen Herzen. Wie steht da? Ein huggy Happy camper, ein schöner, begabter, liebevoller und hilfsbereiter Teddy. Wollen wir das nicht alle sein?


miscellanea

Unterwegs - Ein/e Bilderpost (Nr. 3)

Am Mittwoch haben wir uns in den Zug geworfen und sind nach Portsmouth gefahren, englische Seefahrtsgeschichte gucken. Das Wetter war zum Heulen (Nein, ganz falsch: Dem Wetter war zum Heulen, und das hat es auch ausgiebig getan). Viel fotografieren konnte man da nicht, aber ein paar Fotos habe ich doch mitgebracht.
Portsmouth Historic Dockyard - Hinter diesem Namen verbergen sich zwei berühmte historische Kriegsschiffe, zwei sehenswerte Museen und noch so einiges an Drumherum. Jedenfalls genug Abwechslung für mindestens einen Tag.
Zuerst haben wir uns die riesige HMS Warrior von 1860 angeschaut, das einzige viktorianische Kriegsschiff dieser Größe, das noch existiert. Sie hatte Platz für eine über 700 Mann starke Besatzung und konnte segeln oder mit Dampf fahren. Das ganze Schiff ist voller Kanonen, sogar in den - übrigens winzigen - Offizierskabinen stehen welche. Die Besatzung lebte zwischen den Kanonen, dort standen die rohen Holztische, und schlief über den Kanonen, dort wurden die Hängematten aufgehängt. Alles ist sehr durchdacht und praktisch eingerichtet, aber ohne jeglichen Komfort. Eine Ausnahme bilden da nur die Offiziersmesse und die Kapitänskajüte, ansonsten herrschte drangvolle Enge.
Hier ein Foto der Galionsfigur der HMS Warrior, ein griechischer Krieger, und im Hintergrund der Spinaker Tower. Wir sind nicht nach oben gefahren, weil wir an dem Tag ohnehin nichts als Regenwolken gesehen hätten:




Aber unter dieser Adresse gibt es einige Fotos aus dem Schiffsinneren, zwar aufgehübscht und perfekt ausgeleuchtet, aber man kann trotzdem sehen, dass eine Reise mit diesem Kahn keine Kreuzfahrt war. Interessant ist auch, dass das hochgerüstete Schiff nie in einem Krieg gekämpft hat. Das ist irgendwie versöhnlich.
Das zweite Kriegsschiff, die HMS Victory, trieft hingegen vor Schlachtenruhm. Es war das Schiff, mit dem Admiral Nelson die Schlacht von Trafalgar gewann, in der er auch tödlich verwundet wurde.
War die Warrior schon eng, so trifft das im höchsten Maß auf die Victory zu. Ein normalgewachsener Mann von heute kann in dem Schiff kaum aufrecht stehen. Ich bin ungefähr 1,73m groß und habe mir diverse Male den Kopf gestoßen. Der Kapitän der Victory, Thomas Hardy, war über 1,90m groß. Er konnte nur an ein oder zwei Stellen im Schiff aufrecht stehen. Wenn er sich aufrichten wollte, musste er an Deck gehen. Wie man unter solchen Umständen leben und arbeiten (und Gefechte führen) kann, ist mir unerklärlich. Aber erst die Mannschaft! Auf der Warrior, die immerhin mehr als 127m lang ist, taten ca. 700 Mann Dienst. Die Victory ist nur 69m lang und hatte bei Trafalgar eine Besatzung von 850 Mann. Mein Gott bin ich froh, dass ich kein Seemann in dieser Zeit sein muss. Ich habe mich gefragt, wo denn diese Leute alle Platz gefunden haben. Natürlich, der eine Teil hatte zu arbeiten, der andere Teil hatte Pause. Trotzdem waren ja alle auf diesem einen Schiff - Für uns Mitteleuropäer heute unvorstellbar. Besonders nachdenklich hat mich die "Kabine" des Schiffszimmermanns gemacht, fensterlos, ca. zwei Meter breit und lang und so niedrig, dass auch ein sehr kleiner Mann unmöglich darin stehen konnte. Warum der Mann sich jeden Abend in seine Streichholzschachtel von Bett faltete und wie er das machte, ist mir ein Rätsel. Wenn ich an seiner Stelle gewesen wäre, hätte ich mir eine Hängematte in die weit geräumigere Schiffszimmerei gehängt. Aber vielleicht hat das Gefühl, auf so einem Schiff Platz ganz für sich allein zu haben, die Enge wett gemacht. Als ich aber dann gelesen habe, dass die Ehefrau des Mannes mit in seiner Kabine wohnen durfte, wenn das Schiff im Hafen lag (einige Leute blieben auch da an Bord), blieb mir der Mund offen. Wohin hat der seine Holde verstaut?
Von der Victory gibt es auch schöne (wiederum viel zu freundliche) Bilder eingestreut unter dieser Adresse. Von mir nur eines, ganz charakteristisch für das gesamte Schiff:




Nach einer Hafenrundfahrt (Es gab eine Anzahl moderner Versionen der Victory zu sehen. Die haben sogar Ladestationen für die I-Pods der Besatzung. Ob das den Tod im Krieg angenehmer macht, sei dahin gestellt, die Zeit bis dahin verbringt man auf jeden Fall angenehmer als auf einem der alten Schiffe) ging es in eines der Museen, das für die Mary Rose. Die Mary Rose war ein Kriegsschiff (Was auch sonst?) aus der Zeit von Heinrich VIII. und ist aus bis heute ungeklärten Gründen vor Portsmouth gesunken. Das erstaunlich gut erhaltene Wrack ist in den 80ern gehoben worden und soll ab 2016 in einem eigens gebauten Museum zu sehen sein. Bis dahin gibt es ein kleineres Museum, in dem die bisher geborgenen Funde ausgestellt werden: Leder, Kleidung, Waffen, Schmuck, Alltagsgegenstände etc. Alles aus der Tudorzeit, ein sehr interessantes kleines Museum.
Nach diesem Tag, den wir sozusagen in Kanonendonner und testosterongeschwängerter Luft verbracht hatten, waren wir am Donnerstag faul, in altbewährter Manier: Kochen, ratschen, etwas shoppen (Fre ... ja, ja, ja - mit Fressen und Eisnaschen, besserwisserischesaas...)
Aber am Freitag ging es nochmals ab nach London, wieder einmal ins Victoria and Albert Museum, eins meiner liebsten Museen. Schon allein die Eingangshalle mit diesem gigantischen Glaskronleuchterdingens ...



... ist einfach spektakulär:




Diesmal waren wir zuerst in einer Sonderausstellung über die Ästhetische Bewegung im viktorianischen England, eine der Wurzeln des Jugendstils:




Ja nun, eine Menge Pfauen, schmollippiges Weibsvolk in fließenden Gewändern, einige sehr schöne Einzelstücke, gute Graphiken und einige hübsche Möbel. Obwohl ich den Jugendstil sehr mag, er ist radikal und das Design ästhetisch ansprechend, so kann ich mich doch mit dieser viktorianischen Bewegung nicht wirklich anfreunden. Es wirkt alles so gekünstelt.
Mittelalterliche Kunst, und hier vor allem die frühmittelalterliche, liegt mehr auf meiner Linie.
Deshalb haben wir uns in die Dauerausstellungen davongemacht. Hier einige Impressionen von Kunst und Kunsthandwerk aus den Mittelaltersälen im V&A. Ich bin immer fleißig am Sammeln von möglichen Vorlagen. Ich möchte so etwas einmal auf Papier malen, auf Stoff drucken oder sticken:
Hier das Bild eines Vogels auf einem Keramikteller. Ist der nicht niedlich?




Oder dieser Spielstein mit einem Drachen, auch vor der vorletzten Jahrtausendwende entstanden:




Und dieser Olifant mit seinen reichen Schnitzereien - Sehen die Tiere, obwohl stark stilisiert, nicht aus, als würden sie gleich losspringen? Leider konnte man das Horn nicht richtig fotografieren.






Besonders entzückt hat mich diese Emailplatte mit dem Kamel. Das müsste man einmal auf eine einfach geschnittene, naturfarbene Leinenjacke sticken, in genau in diesem leuchtenden Blau, mit so einem grünen Reiter und den roten Akzenten:




Dann gab es noch eine Menge Drachen aus vielen Jahrhunderten, auf Stoff, gestickt, appliziert, gewebt. Drachen gehören definitiv zu meinen Lieblingstieren. Ich hätte auch gerne einen als Haustier. Da bin ich mit Hagrid völlig einer Meinung. Da sie aber selten in private Hände abgegeben werden, muss ich mich wohl mit Bildern begnügen.
Hier ist einer, der nach der Vorlage aus einer Buchillustration gestickt worden ist, zur Demonstration mittelalterlicher Sticktechnik:



Diese hier leben mit einer Menge Kumpel auf einem Wandbehang aus dem 14. oder 15. Jahrhundert:



Der hier ist ganz edel, nur gewebte Struktur mit ein paar bunten Hervorhebungen:



Und dieser Ausschnitt aus einem Wandbehang, der einmal in einer Burghalle hing, zeigt den heiligen Georg mit dem Drachen (Ich bin sicher der arme Drache hat Georgs Pferd nur aus Hunger gemeuchelt). Das ganze Bild ist in Wirklichkeit viel leuchtender. Der ganze Wandbehang ist aus bunter und schwarzer Wolle appliziert, eine sehr schöne Arbeit. Dass der Heilige aussieht, als würde er den Drachen mit einem leuchtenden Zauberstab bedrohen (oder wie Obi Wan Kenobi mit seinem Laserschwert - Komm mit auf die bunte Seite der Wolle. Da ist es kuschelig), daran trägt der Fotoblitz die Schuld.




Ach ja, Drachen! Was gab es noch zu sehen bei Vicky und Berti? Eine bemalte Deckenschindel, mit einem ganz possierlichen Eledil, nein Krokofanten, nein Elefanten. Seine Tierkollegen auf den anderen Schindeln waren auch sehr nett, aber ich konnte nicht alle fotografieren:






Wir haben uns dann noch die Theaterausstellung reingezogen, aber die Textilausstellung öffnet erst wieder nächstes Jahr (schistimatucci). Zum Abschluss haben wir noch einen Schlenker zu den Eisenarbeiten gemacht - Eisentüren, Gartenzäune, Kamingitter, Kerzenhalter, Blechdosen ... (schnarch). Das war aber interessanter, als ich erwartet hatte, und da habe ich noch einen, nein zwei Drachen gefunden. Guckst Du:




Als wir uns aus dem Museum verabschiedet hatten (Ja, sie haben uns wieder rausgelassen), war das Wetter etwas weinerlich, später verfiel es dann in einen ausgesprochenen Weinkrampf, was uns stracks in den Zug und von dort in ein schönes Pub getrieben hat, wo wir uns an lecker Futter delektierten, bevor wir todmüde ins Bett geplumpst sind.
Am Samstag ging's dann wieder zum Flughafen. Von dort sind wir kaum weggekommen. Als wir bereits im Flugzeug saßen (Das war schon wegen Unwettern zu spät gelandet), gab es einen Notarzteinsatz (Stewardess: Ist ein Arzt an Bord? Bitte beim Kapitän melden! Der alte Herr neben uns: Aber der Kapitän hat sich doch gerade noch so munter angehört - Schließlich wurde eine kranke Dame einschließlich ihres Gepäcks wieder ausgeladen), dann wurde der Start wegen einer Notlandung verschoben (Feuer an Bord, keine Starts und Landungen, bis das Feuerschiff sicher gelandet war), dann gab es Stau (Eine Menge Flugzeuge wollte plötzlich starten und landen), dann Gewitter (Ab da hat der Kapitän gestreikt. Von da an musste die Chefstewardess durchsagen). Aber schließlich hieß es doch: Farewell, merry old England. Bis zum nächsten Mal.
Zuhause sind wir unserer Katze in die Arme und dann ins Bett gefallen. Ach, zuhause ist es ab und an auch schön (Aber im Urlaub ist es schöner).


miscellanea
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