Das fängt schon mit dem Rohstoff an: Da benutze ich nur Altpapier. Das ganze Jahr über bin ich auf der Jagd nach buntem Papier, Handzetteln, Ankündigungen etc. Das wird farblich sortiert und in Stücke gerissen - je dicker, desto kleiner; nicht geschnitten; denn das zerstört die Papierfasern.
Bei den Papierknödeln auf dem Foto handelt es sich übrigens um schon eingeweichtes oder sogar schon püriertes Papier von der letzten Aktion, das in dieser Form bis zur weiteren Verwendung wieder getrocknet worden ist, Instantpapier - sozusagen das papierene Pendant zum Brühwürfel: Einfach in Wasser werfen und loslegen. Auch einfrieren lässt sich die Pulpe ganz gut, aber die Knödelmethode ist die ökonomisch sinnvollere.
Hier ein Topf mit Papier vor dem Kochen - die leckere rot-orange Farbe kommt von ein paar Gewerkschaftszetteln, die ich der farblichen Würze wegen dazugegeben habe:
Und Papier nach dem Kochen. Man sieht richtig, wie aufgeweicht die Fasern sind:
Ganz richtig gelesen: Ich koche das Papier vor der Verwendung. Erstens: Das Papier wird schön weich. Zweitens: Papier geht durch viele Hände. Durch das Kochen werden alle Keime abgetötet.
Aber natürlich ist es mit dem Kochen des Papiers noch nicht abgetan. Es muss auch püriert werden. Das geht ganz gut mit dem Pürierstab (uns allen vom Seifeln geläufig). Aber man muss höllisch aufpassen: Ist das Papier nicht weich genug, oder versucht man zu viel Papierschnipsel auf einmal zu zerkleinern, oder ist nicht genügend Wasser im Becher - dann ist es um den guten Püstab schnell geschehen. Hier die fertige Pulpe, bereit zum Schöpfen:
Die Papierschöpferei ist eine sehr feuchte Angelegenheit und man benötigt Unmengen an alten Handtüchern, Abgautschtüchern, Waschlappen etc.
Außerdem einen unempfindlichen Tisch, Schöpfbottiche, Schöpfrahmen, Nudelholz, ja, und wie gesagt, sehr viel Geduld.
Ist alles vorbereitet, kann der "schöpferische" Akt beginnen. Ich schöpfe Kuverts und Grußkarten in Briefkarten- und Geschenkanhängergröße.
Die bunten Bildchen sind Serviettenmotive, und auch diese müssen natürlich ausgeschnitten und vorbereitet werden. Das handgeschöpfte Papier mit seiner rauen Oberfläche hält die zarte oberste Serviettenschicht ohne Kleben, rein mechanisch fest. Bügelt man das Papier, lösen sich auch die Serviettenmotive wieder ab.
Hat man dann in meditativer Wiederholung der immer gleichen Arbeitsschritte einen Berg feuchter Papiere zwischen dicken Lagen noch feuchterer Abgautschtücher erschöpft, lässt man das Papier einige Stunden ruhen. Dann werden die Lagen auseinandergenommen und das Papier zum Trocknen aufgehängt; natürlich wird nicht das Papier selbst angeklammert, sondern das Trägertuch. So ein Wäscheständer voll trocknender Papiere ist einfach klasse: Das Abnehmen der Tücher mit dem Papier ist wie ernten.
Ist das Papier dann schön trocken, löse ich es ganz vorsichtig vom Tuch, damit es nicht einreißt und lege es gestapelt unter ein schweres Buch, hier gestapelte Kuvertrohlinge auf der Faltschablone:
Abschließend werden die Kuverts mit Geschenkpapierresten gefüttert und geklebt (das und Tütenkleben ... ganz einfach dank solider Ausbildung in St. Adelheim). Hier der ganze Falt- und Klebevorgang am Beispiel eines Minikuverts:
Und das ist ein Teil meiner Ausbeute:
Am 13. Dezember war Weihnachtsverkauf im Büro. Ich hatte auch noch von meinen anderen Handarbeiten etwas mit. Als ich das Foto gemacht habe, waren alle Socken schon weg.
Der Erlös geht wieder an Wunschträume e.V. Bisher habe ich 445 Euro eingenommen. Und erfahrungsgemäß läppert sich bis Ende Januar noch ein bisschen mehr zusammen. Dann erst wird das Geld überwiesen.
Diese weihnachtliche Aktion ist jedes Jahr aufs Neue hochbefriedigend: Ich habe Spass beim Papierschöpfen, die KollegInnen können Weihnachtskarten kaufen, die sie so sonst nirgends bekommen, und vor allem profitieren die Menschen in Burkina Faso davon.
Ich bin schon gefragt worden, ob sich das Papierschöpfen überhaupt rentiere, warum ich nicht einfach 500 Euro von meinem Gehalt spende und die gesparte Zeit genieße. Warum muss ich das erklären? Es ist natürlich auch ein Genuss, mit den Händen etwas anzufertigen, aber es hat vor allem etwas mit Freude zu tun, mit dem tiefen befriedigenden Gefühl, aus wertlosen Dingen Schönes zu schaffen, damit, dass jedes gefaltete Kuvert dreimal Freude macht: Mir, den Käufern und Käuferinnen und natürlich den Frauen, die von dem Erlös z.B. im Centre de Formation Kathrin ausgebildet werden - Papiergeld eben.
miscellanea
Liebe Petra...
AntwortenLöschenich kann Deine Gedanken so nachvollziehen....
Und ich liebe Papierschöpfen...
Wunderbares hast Du da geschaffen und dann noch soviel erreicht.....
Toll
Mach weiter so.....
vom zwerg
I love them!! I can see a new obsession in my near future :-) Thinking they could make nice boxes for soap. I hope you have a great Holiday! xoxo Irene
AntwortenLöschenWas für ein Aufwand, was für ein tolles Hobby, was für ein Ergebnis! Im doppelten Sinne. Sehr ansprechende Karten und dann tust du damit noch Gutes. Wie KÖNNTE unsere Welt aussehen...
AntwortenLöschenLG Petra
Ja, ich finde auch, dass du wundervolle Karten gemacht hast. Ich schöpfe dann und wann auch Papier und finde den Vorgang höchst meditativ und befriedigend.Schön, dass du das Geld spendest. Meine Hochachtung.
AntwortenLöschenLG Christina
jetzt bin ich ja mal wieder schwer beeindruckt von Deiner Schöpferkraft!!!!! Welch ein Aufwand, doch das Ergebniss ist umwerfend schön!!!
AntwortenLöschenEin gesegnetes Fest wünscht Dir
Dörte
Toll! Ich bin begeistert! Was für eine Heidenarbeit - aber ich versteh' Dich, es macht auch einfach Spaß und wenn dann auch noch so schöne Dinge daraus werden, ist man einfach hochzufrieden! Etwas selbst zu fertigen und dafür auch noch Anerkennung zu bekommen macht einfach glücklich! Wünsche Dir auch ganz schöne Weihnachten.
AntwortenLöschenLiebe Grüße