Seit ich mit der Schiffchenarbeit angefangen habe, bekomme ich immer wieder Heiratsanträge von uralten (vulgo: gruftösen) Monokelträgern (Küss' das Patschhanderl, gnä' Frau oder: Gestatten! Leutnant von Schlappitz! Je nach Provenienz der Applikanten). Nicht, dass mir das anfangs gleich aufgefallen wäre, keineswegs. Ich bin daran gewöhnt, dass die Galane reihenweise vor mir in Ohnmacht sinken (Fragt mich nur nicht, warum). Erst als mir dieses kleine Buch von 1918 in die Hand gefallen ist, ...
... wurde mir der Zusammenhang klar: Kleine Knoten knüpfen zarte Bande. Dieser Text beweist das glasklar:
Ich habe also das Schiffchen anmutig und zierlich in meinen flinken Händen und mehr oder weniger schlanken Fingern tanzen lassen, Rittmeister, Leutnants und diverse Hoflieferanten verscheucht (im Wald verscharrt - Nein, nein! Das war nur ein Scherz! Gottbewahre!) und diverse Spitzen mit reizenden und wohlgerundeten Figuren produziert. Hier eines meiner absoluten Lieblingsmotive, das famose "Floral Tatted Bookmark" von Kersti Anear:
Ich weiß gar nicht, wie oft ich das schon geocchit, frivolitiert (Nein!! Nicht "ge...ifft") habe. Es kommt immer gut an, aber ich habe die Anleitung für mich etwas verändert. Am Anfang und am Ende der Blütenreihe kann man sich z.B. etliche Picots sparen. Das Ganze jedoch mit ein paar zusätzlichen Picots an den äußeren Blütenblättern wäre auch schön als Einsatz oder Randspitze.
Bei Rebecca Jones - The Complete Book of Tatting - habe ich eine Anleitung für Flattermänner gefunden:
Wie unschwer zu erkennen (Unschwer? Auf der miesen Fotografie einer noch mieseren 20 Jahre alten Fotokopie?), klaffen die Schmetterlinge zwischen den Fühlern ziemlich auseinander. Deshalb habe ich auch dieses Rezeptchen etwas abgewandelt:
(Mannomann, hast du eine Sauklaue! Das ist nun wirklich unschwer zu erkennen - auch auf dem miesen Foto) Ja, also, ich habe zusätzliche Verbindungen zwischen den Flügeln eingefügt, und die Fühler gemeinsam durch eine Perle geführt und dahinter verknotet. Herausgekommen ist das:
Da kriegen die Butterfliegen doch gleich ein ganz anderes Gesicht. Ich werde zweimal eine Borte von 15 Schmetterlingen machen als Abschluss für die Schmalseiten eines Seidenschals. Ich denke die Schmetterlinge sind nicht zuuu niedlich, aber zierlich genug für einen feinen, seidenen Sommerschal (Zierlich? In der Tat, Comtesse, sie haben sehr zierliche Händchen und feine, flinke Finger - Aber ich bitte Sie, Herr Leutnant, Contenance! Oder lernt man solche Komplimente neuerdings bei den Chevaulegers?).
Bei Emmy Liebert stößt man aber nicht nur auf Rat in Liebesdingen, sondern auch auf Anleitungen (Na endlich! Das ist schließlich der eigentliche Zweck des Traktats). Aber - das ist wie beim Kochen - auch hier habe ich etwas verändert. Dieser kleine Einsatz besteht aus Vierergruppen von Ringen, die - laut Anleitung - jede einzeln für sich gearbeitet werden sollen:
Aber mit zweigeteilten Ringen (Split Rings) geht das viel einfacher und ohne den Faden durchzuschneiden. Wie man hoffentlich sieht (Aha, man lernt dazu), sind in meiner Version immer drei Ringe gleich groß und der vierte etwas kleiner. Das gefällt mir besser beim Ansetzen an den Stoff. Vielleicht verwende ich das Muster auch für einen Schal. Es arbeitet sich schnell, fast noch schneller als die Schmetterlinge. Aber das eilt nicht; ich brauche die Schals sowieso erst kurz vor Weihnachten.
In der Broschüre gibt es noch einige schöne Anleitungen, z.B. finde ich die Kombination von Schiffchen- und Sonnenspitze besonders apart:
Ob ich mir allerdings die Mühe machen würde, eine solche Schürze mit Spitze zu verzieren, bezweifle ich sehr (Zeit, die müssen dermaßen viel überschüssige Zeit gehabt haben, diese Damen mit den zarten Fingern!):
Und hier noch eine traurige Geschichte. Das ist mein ärmstes UFO. Die Spitze ist sage und schreibe schon zwölf Jahre fertig. Seither liegt sie aufgerollt, ungespannt und zerknüllt im Schrank.
Es ist - diesmal sieht man das wirklich sofort (Jaaaa?) - eine Vorhangspitze mit angearbeiteten Ringen für die Gardinenstange, dazu gedacht, oben an eine Chiffongardine angesetzt zu werden. Das Muster habe ich selbst entworfen - nach dem Bild auf einem Bucheinband, und es gefällt mir auch heute noch gut. Aber den Stoff, den ich dafür vorgesehen hatte, habe ich leichtsinnigerweise anderweitig vernäht. Seither habe ich keinen mehr gefunden, der mir genauso gut gefallen hätte. Aber jetzt werde ich mich ernsthaft auf die Suche begeben, damit auch dieses bedauernswerte UFO endlich fertig wird.
(Es klingelt schon wieder - Nein, ich kaufe keine gebrauchten Rittmeister an der Haustüre - Wo sie gedient haben? Nein, das interessiert mich auch nicht - Was? Familiensitz, Stammschloss? - Mit Pferdezucht, na sowas! - Möchten Sie nicht auf einen Pfefferminztee hereinkommen? Sie waren tatsächlich beim Gardekorps? Wie aufregend ...) Also meine Damen: Immer fleißig mit den zarten Fingerchen wedeln und anmutig das zierliche Handgelenk schwingen. Dann klappt's auch mit der leichten Reiterei!
miscellanea
Was für eine Fummelei! Toll, dass Du sowas kannst. Wie wäre es mal mit einem Spitzennegligè? Ich meine ja nur für die reihenweise niederfallenden Galane ...
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Ich hab keine Ahnung was du da gemacht hast, wie man es nennt (sticken, stricken, häckeln, klöppeln ists wohl nicht) und überhaupt hab ich fas nur Bahnhof verstanden. Aber es sieht wunderschön und nach viel Arbeit aus!!!
AntwortenLöschenKlasse. LG Anke